»Purpose-Driven Organizations«

Blogbeitrag /

In seinem Promotionsvortrag »Purpose-Driven Organizations – Paradigmenwechsel für Unternehmensstrukturen und -führung« hat unser ehemaliger Kollege Thomas Schwarberg eine Lösungshypothese erarbeitet, wie Unternehmen ihren Mitarbeitenden im Job mehr Sinnhaftigkeit bieten und Selbstverwirklichung ermöglichen können. Denn aktuell leiden immer mehr deutsche Unternehmen unter der Unzufriedenheit ihrer Mitarbeitenden und erleiden dadurch hohe Produktivitätsverluste. Sogenannte »Purpose-Driven«-Organisationen können dies ändern.

Traditionelle Unternehmensformen streben seit je her nach Wachstum und Profit. Das Problem: Ihren Mitarbeitenden bleibt oft nur Möglichkeit zur Selbstentfaltung und Orientierung an einem höheren Zweck. Das führt dazu, dass die Mitarbeitenden unzufrieden sind, weniger engagiert und weder sie selbst noch das Unternehmen ihr volles Potenzial entfalten können.  

Purpose-Driven-Organisation als neue Evolutionsstufe

In einem Unternehmens-Benchmarking haben wir festgestellt, dass es bereits Unternehmen gibt, die eine Alternative zum traditionellen Zielsystem von Wachstum, Umsatz und Gewinn entwickelt haben: Ihr übergeordnetes Ziel besteht in der Maximierung ihres Unternehmenszwecks – dem Purpose. Also der Mission, dem Warum und Wofür des Unternehmens. Das bedeutet nicht, dass Wachstum, Umsatz und Gewinn nicht mehr relevant sind. Allerdings sind sie in diesen Unternehmen nicht mehr länger Selbstzweck, sondern vielmehr Mittel zur Maximierung des Unternehmenszwecks.  

Case Study: Das Unternehmen Patagonia als Benchmark

In der ersten Fallstudie des Benchmarkings wurde das Unternehmen Patagonia, ein Hersteller vor Outdoor-Bekleidung, betrachtet. Aus dem Purpose Statement von Patagonia »We are in business to save our home planet« ergibt sich gleichzeitig das Unternehmensziel und die Sinnquelle der Mitarbeitenden. Der Ansatz erscheint radikal: So verdoppelt beispielsweise der Wechsel zu organischer Baumwolle die Herstellungskosten, und auch die Selbstverpflichtung »Reduce – Repair – Reuse – Recycle« ist eine umsatzsenkende Maßnahme. Zudem verschenkt der Unternehmenseigner seine gesamten Anteile im Wert von drei Milliarden US-Dollar an eine Stiftung. Das Ergebnis? Das Unternehmen ist die beliebteste US-Marke im Jahr 2020, es erhält ca. 900 Bewerbungen pro offene Stelle bei einer Fluktuationsrate von vier Prozent und erwirtschaftet im Jahr 2020 einen Gewinn von 100 Millionen US-Dollar.

Selbstbestimmung und dynamische Verantwortungsbereiche

Welche weiteren Kriterien unterscheiden Purpose-Driven-Unternehmen von traditionellen Unternehmen? In den Best-Practice-Beispielen sind die Mitarbeitenden nicht in einer klassischen Hierarchie, bestehend aus Bereichen und Abteilungen, organisiert. Sie arbeiten stattdessen in autonomen, selbstorganisierten Teams. Ihre Aufgaben in der Aufbauorganisation können die Mitarbeitenden in Form von Rollen auf dem sogenannten Rollenmarkt selbst kreieren, tauschen oder, wenn im Unternehmen kein Bedarf mehr besteht, sogar abschaffen. Lähmende Hierarchieebenen werden hinfällig oder existieren nur noch in stark reduzierter Form. Geht beispielsweise ein neuer, dringender Kundenauftrag ein, kommt das zuständige Team zusammen und entscheidet über die richtige Priorisierung. Auf diese Weise ermöglicht das Unternehmen den Mitarbeitenden nicht nur, sich voll auf ihre Aufgaben zu fokussieren, sondern vermittelt darüber hinaus ein hohes Maß an Vertrauen und Wertschätzung. Die Organisation kann so dynamisch auf Kundenanforderungen reagieren. Besonders in volatilen Zeiten kann die Flexibilität aufgrund der reduzierten Komplexität ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.

Auch das Beispiel des Unternehmens Favi, eines Produzenten von Kupfer-Rotoren für die Automobilindustrie, zeigt: Seit seinem Wandel zum Purpose-Driven-Unternehmen verzeichnet Favi keine verspäteten Warenlieferungen und keinen Stellenabbau mehr, sondern schafft es sogar, den Mitarbeitenden 16 bis 17 Monatsgehälter pro Jahr auszuzahlen.

Unternehmens-Purpose durch persönlichen Purpose

Purpose-Driven Organizations haben verstanden, dass eine Maximierung des Unternehmenszwecks nur gelingt, wenn den Mitarbeitenden die Sinnhaftigkeit ihrer persönlichen Tätigkeit weitgehend bewusst wird. Aus diesem Grund ist es ein weiteres Merkmal der Purpose-Driven Organizations, ihre Mitarbeitenden in starkem Maße dabei zu unterstützen, diesen Sinn zu entdecken und Erfüllung darin zu finden. Dafür bietet beispielsweise das Unternehmen Ben & Jerry`s seinen Mitarbeitenden Coachings an – etwa in Form von Workshops mit externen Coaches. Die Freistellung zur Teilnahme an Umweltpraktika bei fortlaufender Gehaltszahlung gibt den Mitarbeitenden von Patagonia die Gelegenheit, eigenen Zielen noch intensiver nachzugehen. Auch die Erfolgsmessung orientiert sich an der Zielgröße »Purpose«. So leitet das Unternehmen am Jahresanfang seine Ziele aus dem Unternehmens-Purpose und die Mitarbeitenden ihre persönlichen Ziele aus dem persönlichen Purpose ab. Dort wo sich Unternehmensziele und persönliche Ziele überschneiden, entstehen nicht selten Ergebnisse ungeahnter Größe.   

Der Freiraum, die Wertschätzung und die Unterstützung bei der Selbstentfaltung, die Purpose-Driven Organizations ihren Mitarbeitenden bieten, können die Motivation zur Mitarbeit deutlich steigern. Intrinsisch motivierte Mitarbeitende, die ein gemeinsames Ziel im Auge haben, machen ihre Unternehmen erfolgreicher: Die Performance der untersuchten Unternehmen zeigt deutliche Produktivitätssteigerungen nach der Unternehmenstransformation hin zu Purpose-Driven Organizations.   

Es ist längst unerlässlich: Unternehmen müssen sich an einem sinnstiftenden Unternehmenszweck orientieren, wenn sie zukünftig im Wettbewerb bestehen möchten.

Wo stehen Sie? Haben Sie Ihren (Unternehmens-)Purpose schon gefunden? Lassen Sie uns gerne in den Austausch gehen.