Interview mit Florian Vogt
Viele Unternehmen setzen aktuell auf separate Pfade, um abseits des Tagesgeschäfts Innovation zu entwickeln. Wie sind Ihre Erfahrungen damit?
Corporate Inkubatoren stellen eine gute Möglichkeit dar, um abseits bestehender Unternehmensstrukturen Innovationen voranzutreiben und die eigene Positionierung im Wettbewerb zu stärken. Allerdings ist die Denkweise, dass eine startup-ähnliche Arbeitsumgebung alleine ausreicht, um zielgerichtet Innovationen zu identifizieren und umzusetzen zu einfach. Nicht die Arbeitsumgebung in Hochglanz-Labs ist der Erfolgsgarant, sondern die Mitarbeiter und die Zusammenarbeit mit dem Mutterunternehmen. In der Praxis stellen wir aktuell fest, dass Inkubatoren nach einer anfänglichen Euphorie, im Mutterkonzern zunehmend kritischer gesehen werden und einige daher bereits eingestellt bzw. massiv verändert wurden.
Wie kommt es dazu?
Wir sprechen plakativ von einem Dreijahreszyklus, den wir bei vielen Inkubatoren beobachten:
Zu Beginn ist die Euphorie groß, der Aufbau des Inkubators wird genutzt, um sich als innovatives Unternehmen am Markt und bei der eigenen Mitarbeiterschaft zu positionieren. Monetäre Verluste werden in der Anfangszeit hingenommen und es wird von bahnbrechenden Innovationen geträumt. Im zweiten Jahr kehrt Routine ein, das Management des Unternehmens erwartet erste Erfolge und mögliche Kennzahlen zur Messung des Innovationserfolges werden diskutiert. Das dritte Jahr ist entscheidend für den Weiterbestand des Inkubators. Häufig fordert das Unternehmen kurzfristige Erträge, welche die Inkubatoren mit ihrem Fokus auf radikale Innovationen jedoch nicht realisieren können.
Wir müssen es also schaffen, entweder kurzfristig Erfolge vorzuweisen, d.h. Innovationen für die Unternehmung umzusetzen, oder das Management von der langfristigen Ausrichtung zu überzeugen.
Stellen Sie in diesem Zusammenhang einen Trend bei Corporate Inkubatoren fest?
Wir beobachten eine Konsolidierung im Markt. Haben Corporate Inkubatoren anfänglich noch viele unterschiedliche strategische Stoßrichtungen abgedeckt (z.B. den Fokus auf interne und externe Ideen), sehen wir derzeit eine stärkere Fokussierung. Um die vom Management geforderten kurzfristigen Erträge zu realisieren, beschäftigt sich eine Vielzahl der Inkubatoren wieder vermehrt mit Ideen aus dem Mutterunternehmen. Diese Ideen sind für das Management im Unternehmen greifbarer und daher mit größerem Rückhalt versehen. Andere fokussieren stärker auf Start-up Kooperation, oder darauf, die eigenen Ideen selbst in den Markt zu bringen. Hierbei ist jedoch relevantes Know-how in der Entwicklung von Start-ups hilfreich. Klassische Corporate Inkubatoren als „Ideenwerkstatt“ besitzen dieses Wissen häufig jedoch nicht, weshalb zunehmend die Zusammenarbeit mit Company Buildern an Bedeutung gewinnt. Als erfahrene Experten im Aufbau und der Skalierung von Start-ups unterstützen Company Builder dabei eine Idee im Markt zu testen, zu skalieren und ein passendes Team aufzubauen. Neben unternehmenseigenen Company Building Programmen wird auch mit externen Company Buildern zusammengearbeitet.
Sprechen wir darüber, wie wir es schaffen Innovationen aus Corporate Inkubatoren für das Unternehmen nutzbar zu machen.
Es stellt sich ja die Frage, warum einige Corporate Inkubatoren in der oben genannten dritten Phase scheitern, während andere extrem erfolgreich sind. Ein elementarer Erfolgsfaktor ist eine gute und abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Corporate Inkubator und Mutterunternehmen. Aufgrund des strategischen Fits der Innovation zum aktuellen Kerngeschäft sowie notwendiger Entwicklungsressourcen für die Markteinführung, werden viele Innovationen aus Corporate Inkubatoren in das Mutterunternehmen überführt und dort bis zur Serienreife entwickelt. Allerdings: Viele der Innovationsvorhaben scheitern an der Überführung in die Muttergesellschaft. Starren Strukturen im Unternehmen sowie eine geringe Priorisierung führen häufig dazu, dass die Ideen nicht mit dem notwendigem Einsatz fortgeführt werden. Eine der zentralen Herausforderung sehe ich hier bei der Überwindung von Akzeptanzproblemen, dem sogennanten »Not-ivented-here-Effekt«. Oft werden die Corporate Inkubatoren von den Mitarbeitern des Mutterunternehmens als Konkurrenzeinheit wahrgenommen. Eine offene Kommunikation der Zielstellung und das Top-Level-Commitment sind für den langfristigen Erfolg unabdingbar. Gleichzeitig gilt es, notwendige Ressourcen neben dem Tagesgeschäft bereitzustellen, um Entwicklungsgeschwindigkeit und Innovationshöhe im Unternehmen nicht zu verlieren. Überführte Ideen aus dem Corporate Inkubator müssen als vollwertiges Projekt mit allen relevanten Ressourcen und Prioritäten verfolgt werden.
Was würden Sie Betreibern von Corporate Inkubatoren raten?
Die Zeit der Schonfrist für Corporate Inkubatoren ist vorbei. Wir müssen es schaffen, die vorhandenen Ideen wirklich umzusetzen und auf die Straße zu bekommen. Die Denkweise, dass die Hauptaufgabe von Corporate Inkubatoren in der Generierung von Ideen liegt, ist gefährlich. Vielmehr gilt es, die Umsetzung der Ideen zu gewährleisten. Hierfür ist es insbesondere wichtig, dass Unternehmen und Inkubator die Innovation als gemeinsame Entwicklung begreifen. Vor allem für den Transfer der Ideen in das Mutterunternehmen ist es essenziell, relevante Stakeholder im Unternehmen möglichst frühzeitig einzubinden. Neben einer operativen Involvierung der unternehmensinternen Mitarbeiter muss insbesondere mit dem Management eine klare Zielsetzung für das Innovationsprojekt definiert werden. Denn nur, wenn das Commitment des Managements vorliegt, kann eine Überführung der Innovation erfolgreich realisiert werden.
Alternativ zur Überführung der Innovation bieten Company Builder die Möglichkeit, Ideen eigenständig durch den Corporate Inkubator im Markt zu platzieren.
Mehr Informationen zum Thema Innovationstransfer aus Corporate Inkubatoren, finden Sie in unserem Whitepaper.