Vertrauenswürdigkeit schaffen für industrielle KI-Anwendungen

Vier Dimensionen zur Qualifizierung von KI-Anwendungen in der Produktionstechnik.

Rasant wachsende Datenmengen in industriellen Prozessen, Fortschritte bei Lernalgorithmen und sinkende Hardwarekosten haben dazu geführt, dass auch produzierende Unternehmen den Wert der KI für sich entdeckt haben. KI und maschinelles Lernen (ML) versprechen, die Effizienz von Produktionsprozessen durch datengetriebene Modellierung und fortschrittliche Analytik zu verbessern. Obwohl Fertigungsunternehmen die Bedeutung und das Zukunftspotenzial der KI erkennen, gelingt es ihnen häufig noch nicht, KI-Modelle gewinnbringend in ihre Prozesse und Produktionssysteme zu integrieren.

Die Gründe dafür liegen in dem herausfordernden Umfeld, in dem industrielle KI-Anwendungen eingesetzt werden sollen: Hohe Komplexität und geringe Qualität der Prozessdaten, Unsicherheiten und Intransparenz der KI-Modelle sowie höchste Qualitäts- und Zuverlässigkeitsanforderungen aus dem Produktionsbereich prägen die Aufgaben, die mit der Implementierung verbunden sind.

Dass KI-Anwendungen noch einen gewissen Neuheitsgrad aufweisen, führt dazu, dass die Unternehmen dem KI-Einsatz nach wie vor noch wenig Vertrauen entgegenbringen und diese nur zögerlich in ihre Prozesse integrieren. Um die Verbreitung der Technologie zu fördern, untersucht die Arbeitsgruppe »KI-Zertifizierung« am Fraunhofer IPT, welche Anforderungen an industrielle KI-Anwendungen gestellt werden und wie diese entwickelt, ausgerollt und gewartet werden müssen.

Dazu haben die KI-Expertinnen und -Experten ein Rahmenwerk und Vorgehensmodell für die Entwicklung vertrauenswürdiger industrieller KI-Anwendungen entworfen, das speziell auf die Herausforderungen der Produktionstechnik zugeschnitten ist. Das Entwicklungsrahmenwerk folgt einem risikobasierten Ansatz, der den Autonomiegrad und die sicherheitstechnische und wirtschaftliche Kritikalität der Anwendung berücksichtigt. Es bietet strenge Spezifikations- und Dokumentationsrichtlinien und konzentriert sich auf vier Dimensionen, die als zentrale Anforderungen für die Qualifizierung von KI-Anwendungen in der Produktionstechnik identifiziert wurden:

Transparenz

Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Funktionsweise und des Entscheidungsprozesses der KI.

Robustheit

Ausmaß, in dem sich das KI-System stabil verhält während des Trainings, der Validierung und im Betrieb unter geringfügigen Variationen in den Daten.

Adaptivität

Fähigkeit des Systems, kontinuierlich auf Dynamik in den Daten zu reagieren und dauerhaft die Funktionalität aufrechtzuerhalten.

Sicherheit

Abgesicherte Funktionsweise der KI-Anwendung, vor allem im Falle fehlerhafter Eingangsdaten.

Diese Taxonomie und eine speziell entwickelte Methodenbibliothek helfen dabei, geeignete Qualifizierungsmethoden und KI-Modelle auszuwählen, die alle relevanten Nutzer- und Regulierungsanforderungen, die individuellen Merkmale des Anwendungsfalls und schließlich auch die Eigenschaften des Datensatzes berücksichtigen. Ein iteratives Vorgehensmodell, das das Beste aus agiler und zertifizierbarer Softwareentwicklung vereint, stellt sicher, dass die gesamte KI-Anwendung – und nicht nur das KI-Modell selbst – den hohen Anforderungen der industriellen Produktion gerecht wird. Die Einbindung von Anwendern und Prozessexperten in die Entwicklung sicherer und transparenter KI ist für uns von zentraler Bedeutung. Damit gewährleisten wir, dass KI-Anwendungen an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden angepasst ist und deren KI-Kompetenz und Souveränität im Umgang mit KI gestärkt wird.

Unser Ziel ist es, den maximalen Nutzen von KI für die produzierende Industrie zu erschließen und die technologische Reife zu erhöhen, damit industrielle KI-Anwendungen kostengünstig in der Implementierung und in der Anwendung werden und nicht nur als Insellösungen betrieben werden.