Viele Produktionsprozesse müssen unter Vakuumbedingungen erfolgen, um Verunreinigungen zu vermeiden, präzise Materialeigenschaften zu erzielen und empfindliche Reaktionen kontrolliert ablaufen zu lassen. Die Erzeugung solcher Vakuumbedingungen ist in der modernen Produktion keine Herausforderung – anders als beim Hochvakuum und Ultrahochvakuum: Diese beiden Zustände zu erzeugen erfordert deutlich aufwendigere Technik, spezielle Materialien und ein tiefes Verständnis der physikalischen Prozesse. Denn bereits kleinste Undichtigkeiten oder Restgase können die gewünschte Reinheit und Stabilität gefährden.
Zu den Produkten, die sich im Hochvakuum herstellen lassen, zählen beispielsweise Mikrochips, Solarzellen oder CDs und Blu-rays. Das Ultrahochvakuum hingegen kommt meist nur in der physikalischen Forschung zum Einsatz – etwa in Probenkammern, Teilchenbeschleunigern oder Lasereinrichtungen. Ein aktueller Anwendungsfall für das Ultrahochvakuum ist das Einstein-Teleskop, das in den kommenden Jahren entstehen soll.
Im Forschungsprojekt »Neue Wege in der Ultrahochvakuumtechnologie« (kurz: UHV.NRW) baut das Fraunhofer IPT zusammen mit seinen Projektpartnern aus Industrie und Forschung eine Infrastruktur auf, mit der sich neue Produktionsverfahren, Komponenten und Materialien für die Herstellung von Ultrahochvakuum-System erproben lassen.
Vakuumzustände lassen sich mit Pumpsystemen erzeugen. Um das Ultrahochvakuum zu erreichen, setzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler spezielle Pumpen ein, mit denen sich die Gasmoleküle aus dem System entfernen lassen. Das Ultrahochvakuum zu erreichen ist bislang ein schwieriger Prozess, der mit langen Pumpzeiten und hohem Energieverbrauch verbunden ist. Die Forschungsinfrastruktur, die das Konsortium im Projekt »UHV.NRW« aufbaut, setzen auf sechs zentrale Ansatzpunkte:
Das Fraunhofer IPT wählt für die Herstellung der neuen Vakuumkammern geeignete Baustähle und Verbundmaterialien aus, die eine geringere Ausgasung von Wasserstoff aufweisen und so die Effizienz der Vakuumkammern verbessern. Zudem ist das Institut verantwortlich für die Herstellung und Tests von Prototypen für Vakuumkammern und -rohre. Ziel ist es, neue Verbundrohre einzusetzen, die leichter und kostengünstiger sind als konventionelle Rohre.
Ein besonderer Anwendungsfall für Ultrahochvakuum ist das sogenannte Einstein-Teleskop. In einem europäischen Forschungsprojekt im Aachener Dreiländereck Deutschland – Niederlande – Belgien soll es Gravitationswellen aus dem Weltall mit bisher unerreichter Präzision aufspüren und messen. Das Ziel des Projekts ist es, die extrem schwachen Signale aus der Frühzeit des Universums zu erfassen – etwa von kollidierenden Schwarzen Löchern oder Neutronensternen. Mit dem Einstein-Teleskop wird das größte jemals von Menschen gebaute Ultrahochvakuum-System entstehen. Röhren, wie sie für das Einsteinteleskop in einer unterirdischen Anlage verbaut werden sollen, stellen eine fertigungstechnische Herausforderung dar, weil sie sehr groß, leicht und stabil sein müssen. Das Fraunhofer IPT forscht seit Jahren an effizienten Produktionslösungen für die Herstellung von Rohren und Druckbehältern aus Faserverbundmaterialien. Im Forschungsprojekt »UHV.NRW« fertigt das Fraunhofer IPT erste Prototypen.
Für die Hauptstrahlen setzen die Erbauer des Teleskops 120 Kilometer Vakuumröhren mit einem Durchmesser von circa einem Meter ein. Für die Sekundärstrahlen kommen zusätzlich 10 bis 20 Kilometer Vakuumröhren mit geringem Durchmesser zum Einsatz.
Das Forschungsprojekt »UHV.NRW – Neue Wege in der Ultrahochvakuumtechnologie« wird durch die Europäische Union und das Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen des EFRE/JTF-Programms NRW 2021-2027 gefördert.
Förderkennzeichen: 34.01.UHV-EFRE-20500049
Projektträger: Bezirksregierung Köln
Projektlaufzeit: 15.07.2025 bis 14.07.2028