Statt Polieren: Neues Werkzeugkonzept für effizienteres und kostengünstigeres Glätten gefräster Oberflächen

Pressemitteilung /

Die Nachbearbeitung gefräster metallischer Oberflächen verursacht in Fertigungsbetrieben noch immer immense Kosten. Das liegt vor allem an dem hohen manuellen Aufwand für das Polieren, aber auch an den sehr zeitintensiven Fräsprozessen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT in Aachen haben nun ein neues Werkzeugkonzept zur Nachbearbeitung von Metalloberflächen entwickelt, das eine Alternative zum Polieren bietet: Das Werkzeug kann in konventionellen 5-Achs-Bearbeitungszentren eingesetzt werden. Dies bietet mehr Flexibilität und verkürzt die Zeit für die Nachbearbeitung der Bauteile bis zu zehn Prozent.

© Fraunhofer IPT
Sieht beinahe aus wie ein Fräswerkzeug, wird aber anders eingesetzt: Indem das Werkzeug, das in einer nachgiebigen Werkzeughalterung eingespannt ist, auf die Bauteiloberfläche gedrückt wird, werden Rauheitsspitzen eingeebnet und Randzonen verfestigt.
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Produzierende Unternehmen in der Metallverarbeitung müssen laufend die Bauteilqualität weiter verbessern und dabei gleichzeitig die Fertigungskosten gering halten oder sogar senken. Optimierungspotenzial gibt es vor allem in der Nachbearbeitung, denn dort werden in der Regel zeitintensive und kostspielige Verfahren eingesetzt, etwa das manuelle Polieren oder das maschinelle Oberflächenhämmern.

Werkzeug ebnet Rauheitsspitzen auf dem Werkstück ein

Ziel des kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekts »HGROka – Oberflächennachbearbeitung dreidimensionaler Bauteile durch Hartmetallwerkzeuge mit großen Schneidkantenradien« am Fraunhofer IPT war es deshalb, ein Werkzeugkonzept zur Oberflächennachbearbeitung zu entwickeln, das mehr Flexibilität bietet und geringere Fertigungskosten verursacht als bisher.

Bei dem neuen Verfahren wird ein Werkzeug aus Hartmetall eingesetzt, das einem klassischen Fräswerkzeug ähnelt. Der Schneidkantenradius ist mit bis zu 0,5 mm allerdings viel größer als bei herkömmlichen Fräswerkzeugen. Mit dem Werkzeug wird kein Werkstoff entfernt, sondern es wird auf die Bauteiloberfläche gedrückt. Durch den Drückprozess werden Rauheitsspitzen auf dem Werkstück eingeebnet und Randzonen verfestigt.

Nachgiebiger Werkzeughalter sorgt für konstante Kraft zwischen Werkzeug und Werkstück

Zusätzlich zu dem neuen Werkzeug entwickelte das Team des Fraunhofer IPT gemeinsam mit den Projektpartnern einen nachgiebigen Werkzeughalter. Dieser stellt sicher, dass bei der Bearbeitung der Werkstückoberfläche stets eine konstante Kraft zwischen Werkzeug und Werkstück beibehalten wird. Denn nur durch einen gleichbleibenden Druck lassen sich entsprechende Oberflächeneigenschaften am Werkstück erzielen. Das Team wählte einen hybriden Ansatz, der die Nachgiebigkeit des Werkzeugs sowohl durch eine konventionelle Feder als auch durch eine interne Kühlschmierstoffzufuhr gewährleistet.

Bearbeitungsdauer verkürzt sich um zehn Prozent

In mehreren Versuchsreihen testeten die Forscherinnen und Forscher das Werkzeugkonzept in der industriellen Fertigungsumgebung des In mehreren Versuchsreihen testeten die Forscherinnen und Forscher das Werkzeugkonzept in der industriellen Fertigungsumgebung des Projektpartners CP Autosport GmbH an Bauteilen aus Aluminium und hochfesten Stählen.

»Da die Oberflächenqualität vor dem Polieren durch die HGRokA-Bearbeitung bereits wesentlich verbessert ist, konnte der Aufwand der Polier-Nachbearbeitung deutlich reduziert werden. Wir sprechen hier von einer Zeitersparnis für die Nachbearbeitung bis zu zehn Prozent«, sagt Vincent Gerretz, der das Projekt am Fraunhofer IPT leitete. Teilweise konnte das Polieren gänzlich ersetzt werden, da die Oberflächenqualität nach der HGRokA-Bearbeitung bereits ausreichend war.

Einen weiteren Vorteil sehen die Aachener Forscherinnen und Forscher darin, dass das Werkzeug ohne zusätzliche Maschinenaggregate in konventionellen 5-Achs-Bearbeitungszentren eingesetzt werden kann und daher kostengünstig in der Anwendung ist. Nach den positiven Testergebnissen soll das Werkzeugkonzept im nächsten Schritt noch an weiteren Werkstoffen getestet werden.

Das Forschungsprojekt »HGROka« wurde durch Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) 2014-2020 mit dem Förderkennzeichen EFRE-0801244 gefördert.