Stammzellforscher entwickelten automatisierte Verfahren zur personalisierten Wirkstoffprädiktion mittels reprogrammierter Blutzellen

Pressemitteilung /

Im Kontext der personalisierten Medizin erlangen individuell zugeschnittene Therapieformen immer größere Bedeutung. Die richtige Wirkstofffindung und -dosierung sowie die Voraussage unerwünschter Nebenwirkungen stellen dabei zentrale Herausforderungen dar. Jüngste Fortschritte auf dem Gebiet der Zellreprogrammierung eröffnen die Möglichkeit, Wirkstoffuntersuchungen direkt an dem von der Erkrankung betroffenen menschlichen Gewebe durchzuführen. Im Forschungsprojekt »StemCellFactory III« entwickelten Partner aus Industrie und Wissenschaft gemeinsam standardisierte und automatisierte zelluläre Systeme zur Wirkstofftestung sowie die personalisierte Pharmakotherapie im Bereich neuropsychiatrischer Erkrankungen.

StemCellFactory Anlage
© Fraunhofer IPT (Foto: Matthias Kneppeck, Bildschön GmbH)
Automatisierte Herstellung von induziert pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen).
© Fraunhofer IPT (Foto: Matthias Kneppeck, Bildschön GmbH)

Das Projekt StemCellFactory III bestand insgesamt aus drei Arbeitsbereichen: Im ersten Schritt haben die Projektpartner die automatisierte Reprogrammierung von Blutzellen zu sogenannten induziert pluripotenten Stammzellen (kurz iPS-Zellen) etabliert. Das Konzept baut auf der Anlagentechnik aus den Projekten StemCellFactory I und II auf, in denen die Partner bereits eine Automationsstraße für die Zellreprogrammierung entwickelten. In einem zweiten Schritt integrierten sie in den automatisierten Prozess das neue Verfahren der Genom-Editierung, für das im vergangenen Jahr der Nobelpreis für Chemie vergeben wurde. Mit diesem Verfahren können Zellen sehr zielgerichtet genetisch verändert werden, um zelluläre Krankheitsprozesse optimal nachzubilden. In einem letzten Schritt implementierten die Wissenschaftlerinnnen und Wissenschaftler die Produktion von sogenannten Hirnorganoiden. Dabei entstehen aus pluripotenten Stammzellen dreidimensionale Gewebekonstrukte, die Ähnlichkeit zur menschlichen Großhirnrinde haben. An diesen Zellmodellen lassen sich beispielsweise die Verstoffwechselung von Medikamenten oder neuroaktiven Substanzen im Gehirn erstmals patientenspezifisch untersuchen.

Prof. Oliver Brüstle, Direktor des Instituts für Rekonstruktive Neurobiologie am Universitätsklinikum Bonn erläutert: »Das Projekt schlägt eine wichtige Brücke zwischen Stammzellbiologie und individualisierter Medizin. Auf Grundlage komplexer Automationsprozesse können nun standardisierte Verfahren für die Wirkstofftestung an Patienten-spezifischen Zellen aufgesetzt werden.«

Praktische Anwendung von Ergebnissen aus der Stammzellforschung                                      

Das Projekt StemCellFactory III schafft durch die neuen Systeme und Verfahren zur zellulären Wirkstofftestung und durch die Anwendung von Verfahren wie der Genom-Editierung einen großen Mehrwert auf dem Gebiet der Stammzell-basierten Krankheitsmodellierung. Zudem bietet es Anbindungspunkte an transnational orientierte Netzwerke wie das Stammzellnetzwerk NRW. Das zunehmende Interesse der Pharmaindustrie an stammzellbasierten Verfahren eröffnet weitere spannende Perspektiven für die Verwertung der Ergebnisse. Im Rahmen des Projektes sind außerdem Veröffentlichungen zur automatisierten Herstellung von Stammzellen entstanden.

Das Vorhaben »StemCellFactory III« wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) unter dem Förderkennzeichen EFRE-0800972 gefördert.

Projektkonsortium

  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bonn
  • Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, Aachen
  • Lead Discovery Center GmbH, Dortmund
  • LIFE&BRAIN GmbH, Bonn
  • umlaut consulting GmbH, Aachen
  • Universitätsklinikum Aachen (UKA), Aachen
  • Universitätsklinikum Bonn (UKB), Bonn