Komponenten für die Automobilindustrie sollen bei hoher funktionaler Qualität möglichst leicht sein, um das Fahrzeuggewicht und damit den Energieverbrauch zu senken. Hier spielen nicht nur Motorkomponenten eine Rolle, sondern auch Komponenten für die Innen- und Außengestaltung des Fahrzeuges. An dieser Stelle weist Dünnglas vorteilhafte Eigenschaften für den Automobilbau auf: Es ist leicht, kratzfest, langlebig, reinigungsfreundlich und für Funktionen mit optischer Qualität bestens geeignet. Aus diesem Grund bietet Dünnglas ein hohes Potenzial für autonome, vernetzte und leichtgewichtige Fahrzeuge der Zukunft. Das Ziel des Projekts »Glass4AutoFuture« ist es, eine Technologie zur nicht-isothermen Glasformung zu entwickeln, die für die Massenproduktion von Dünnglas-Komponenten für den Automobilbau geeignet ist.
Die besondere Herausforderung in der nicht-isothermen Umformung von Dünnglas ist die hohe Anfälligkeit für Fehler wie Bruch oder hohen Verzug der gepressten Bauteile, der durch die thermischen Wechsel- und Eigenspannungen entsteht. Unsere Lösung setzt auf die Verwendung numerischer Simulationen zur Optimierung des Formgebungsprozesses. Auf diese Weise lassen sich Formgebungsfehler vollständig vermeiden. In der Entwicklung des numerischen Simulationswerkzeugs arbeitet das Fraunhofer IPT zusammen mit seinen Projektpartnern an der thermischen Modellierung und an der Modellierung des Materialverhaltens. Ergänzend entwickelt das Projektkonsortium verschiedene Umformungskonzepte zur Herstellung von Dünnglasbauteilen für weitere Anwendungen. Der Projektpartner Hauser Optik GmbH prüft die Projektergebnisse abschließend auf ihre Tauglichkeit für die Serienfertigung.
Zur Herstellung von Dünnglas mit komplexen Geometrien in hohen Produktionsvolumina eignen sich die nicht-isothermen Verfahren besonders gut: Durch die Anwendung verschiedener Umformkonzepte, wie der vakuumunterstützten Umformung, des Pressbiegens oder des Tiefziehens lassen sich hohe Stückzahlen funktionalisierter Bauteile in vergleichsweise kurzer Zeit herstellen. Als Ergebnis des Projekts steht am Ende ein holistisches, nicht-isothermes Umformverfahren. Die Verfahrensentwicklung obliegt dem Fraunhofer IPT. Ziel der Entwicklung dieser neuen Umformtechnologie ist es, die aktuellen und zukünftigen Anforderungen der Automobilindustrie zu bewältigen, indem dafür komplexe Geometrien mit hoher Formgenauigkeit bereitgestellt und durch präzise Mikrostrukturen in einem serientauglichen Produktionsprozess mit besonderen Funktionen versehen werden. Das Simulationswerkzeug kann bereits in der frühen Phase der Prozessentwicklung dazu genutzt werden, den Produktionsanlauf, das sogenannte Ramp-up, zu beschleunigen, indem es frühzeitig auf Formgebungsfehler hinweist. Zeitintensive und kostspielige Experimente nach dem Trial-and-Error-Prinzip entfallen dadurch. Der Nutzen der Umformtechnologie beschränkt sich nicht auf die Fertigung von Glaskomponenten für die Automobilindustrie, denn das Verfahren lässt sich auch auf weitere Anwendungsfelder, beispielsweise für Beleuchtung oder der Unterhaltungselektronik, übertragen.